Sibelius'
Kompositionen für Orgel und Harmonium
Als
ein guter Pianist war Sibelius selbstverständlich auch in der
Lage das Lieblingsinstrument der Zeit, das Harmonium, ein dem
Klavier ähnliches Instrument, zu spielen und es in frühen
Kompositionen einzusetzen. Das Harmonium kommt auch in der Bühnenmusik
Der Sturm (Myrsky) vor:
Nr. 4 Chor der Winde
(Tuulten kuoro), Nr. 6 Ariels
erstes Lied (Arielin
ensimmäinen laulu), Nr. 9 Der Eichbaum (Ariel) spielt auf Flöte (Tammipuu [Ariel] soittaa
huilua), Nr. 16 Canon
und Nr. 18 Ariel als Harpy
(Ariel harpyijana).
Als
Sibelius 1922 der neugegründeten Freimaurerloge beitrat, lernte
er Rituale kennen, in die Musik eingebunden war. Er wurde sogar
gebeten, ständiger Organist der Loge zu werden, aber wegen seiner
vielen Arbeiten willigte er nicht ein. Stattdessen vertrat er
manchmal den Organisten, wie zum Beispiel am 17. Januar 1923, als
Eliel Saarinen der Loge beitrat. Während der Ritualien konnte es
passieren, dass Sibelius mit dem Orgel/Harmonium so begeistert und
lange improvisierte, dass man ihn feinfühlig hat unterbrechen müssen,
um die Ritualien fortsetzen zu können.
Sibelius
komponierte auch seine Suite Rituelle
Freimaurer-Musik (Vapaamuurareiden rituaalimusiikki) op. 113
(1926–1948), insgesamt 12 Stücke. Darunter gibt es zwei
hochwertige und für den späten Stil von Sibelius
charakteristische Kompositionen für Harmonium, Eröffnungshymne
(Avaushymni) (Nr. 1, 1927) und Marche
funèbre (Surumarssi)
(Nr. 10, 1927), der nach einer Improvisation komponiert worden war.
Auch die Lieder in diesem Opus wurden mit Harmonium begleitet.
Intrada
für
Orgel
op. 111a (1925). Erstaufführung am 22. August
1925 in
Helsinki, Organist John Sundberg.
Sibelius’
erstes eigentliches Stück für Orgel entstand 1925 für den
Besuch des schwedischen Königpaares. Ursprünglich war es als
vierter Satz einer fünfteiligen Orgelsuite geplant, die aber nie
vollendet wurde. Sibelius gab den Sätzen die Arbeitstitel Preludium,
Interludium, Foos (Phos) Hilaron Arioso, Intrada und
Postludium. Nachdem
die ohne den letzten Schliff gebliebenen, ziemlich diatonischen
und schlichten Sätze Preludium
und
Postludium
(beide
1925) 2001 veröffentlicht worden waren, fehlten nur noch zwei Sätze
dieser Suite.
Intrada
(Largamente
molto [poco adagio]) ist eines der imponierendsten finnischen
Orgelwerke.
Es ist monumental und orchestral und in seinem Klang und seinen
Harmonien das kleinere Schwesterwerk der Symphonie Nr. 7, wie ein heraus gewirbelter olympischer Span. Die
Stimmen des Werkes sind gleichzeitig dissonant, aber auch mutig in
der Art, wie die traditionellen Zurückhaltungsketten modifiziert
sind. Die Gegenbewegungsläufe sind oft klassisch und produzieren
erschütternde akustische Kombinationen, wie im Finale, in dem die
Liszt-ähnlichen graduellen Dur-Akkorde einen mächtigen
Aufhellungseffekt zustande bringen.
Trauermusik
(Surusoitto)
für Orgel
op. 111b (1931). Zur Beisetzung des lieben Freundes und Künstlerkameraden
der Symposium-Zeit, Akseli Gallen-Kallela, komponierte Sibelius
sein letztes Instrumentalwerk. Weil ihm nur ein paar Tage Zeit für
das Komponieren des Stückes blieben, wollte Sibelius im letzten
Moment den Auftrag absagen, aber willigte dennoch ein, sein
Versprechen einzuhalten, weil die Einladungskarten und das
Programm schon gedruckt worden waren. Zum Glück, denn jetzt ist
die Trauermusik vielleicht das einzige Stück, das Hinweise darauf gibt,
wie die Tonsprache der Symphonie
Nr. 8 möglicherweise gewesen wäre.
Die
Trauermusik ist ein
fesselndes und spannendes Stück, wie direkt aus einer
Mondlandschaft. Es erinnert kaum an etwas Anderes, was Sibelius
komponiert hat. Unverfertigte und nicht auseinander gelegte
Dissonanzen, seltsame Zusammenstellungen der Akkorde, offene
Quinten und überlappende Quarten malen eine asketische und
schonungslos scheinende Seelenlandschaft, in die eine karg
begleitete Melodie etwas Erleichterung bringt. Diese Melodie ist
vor der Reprise der Einleitung und vor den mit Quarten
strukturierten Schlussakkorden des Stückes zu hören. Nachdem man
dieses Stück gehört hat, wünscht man sich die ganze Symphonie hören
zu können! Sibelius war trotz allem fähig sich zu erneuern und
eine Tonsprache zu finden, die heute moderner scheint, denn je.