Op. 15 Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar), Tondichtung (Ballade) für Orchester, Text Skogsrået von Viktor Rydberg. Vollendet 1894, Erstaufführung am 17. April 1895 in Helsinki (Orchester der Philharmonischen Gesellschaft, Dirigent Jean Sibelius). Fassung für Sprecher, Klavier, zwei Hörner und Streichorchester, Uraufführung am 9. März 1895 in Helsinki, der Schluss aus op. 15/Orchester, arrangiert für Klavier: Aus „Skogsrået“ (Ur „Skogsrået“), 1895.
Der Ansatz zum Werk Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar) mag schon im Opernplan des Sommers 1894 zu suchen sein. Sibelius plante neben der Oper „Der Bootsbau“ (Veneen luominen) auch ein Bühnenstück über einen untreuen Studenten. Nach einer Theorie des Musikwissenschaftlers Veijo Murtomäki wäre „das einem Marsch ähnliche Musikstück“, das Sibelius am 10. August in einem Brief erwähnte, die Eröffnung des Werkes Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar) gewesen, die zweite Phase wäre die Fahrt in den Wald, die dritte Untreue und Schilderungen einer sensuellen Liebe und der Schluss des Werkes wäre ein Trauermarsch gewesen.
Ende des Jahres 1894 wurde der Plan jedoch präzisiert und Sibelius entschied sich, das Werk zu dem Text Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar) von Viktor Rydberg zu komponieren. Im März 1895 wurde „die erste Skizze“ zu Die Waldnymphe (Metsänhaltijatar) vollendet, ein Melodrama für einen Sprecher, Streichinstrumente, zwei Bügelhörner und Klavier. Es wurde am 9. März bei einer Benefizlotterie in Helsinki aufgeführt.
Der Text von Viktor Rydberg erzählte von den Abenteuern des Helden Björn im Wald, wo sich die bösen Zwerge Intrigen ausdachten und die Waldnymphe mit rundem Busen Björn zu einem Liebesspiel lockte. Der Zauber bleibt: Björn kann seine Frau nicht mehr lieben und auch die Arbeit schmeckt ihm nicht mehr. Er stirbt allein an seiner Sehnsucht.
Die Fassung für Orchester von Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar) wurde am 17. April aufgeführt. Jetzt kamen auch die an Wagner erinnernden Charakteristika des erotisch nuancierten Werkes deutlicher zum Vorschein. Merikanto war der Meinung, dass Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar) seltsame und bezaubernde Farben enthielt, aber um das zu verstehen, war es notwendig, den Inhalt des Gedichts zu kennen. „Das Publikum folgte auch dem Inhalt der Komposition aufmerksam auf einem Handzettel“, erzählte er.
Nach der Meinung des Kritikers war Sibelius’ Musik, die „zu leidenschaftliche und verworrene Abtastungen beinhaltete“ klarer als zuvor geworden.
Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar) blieb jahrelang in den Konzertrepertoires. Sie war zum Beispiel 1899 auch in dem Konzert zu hören, in dem die Symphonie Nr. 1 uraufgeführt wurde. Die symphonische Dichtung geriet jedoch allmählich in Vergessenheit, mit Ausnahme einer einzigen Aufführung 1936, denn Sibelius arbeitete das Manuskript nie für die Veröffentlichung um. Ende der 1990er Jahre wurde das Werk vom Städtischen Orchester Lahti aufgeführt und aufgenommen und dadurch wieder weltberühmt.
Die Meinungen über das Werk waren Schwankungen unterworfen. Erik Tawaststjerna hielt das Werk innerhalb von Sibelius’ Produktion für nicht „zentral“. „Es gelang dem Komponisten nicht die verschiedenen Materialien in eine einheitliche Ganzheit zu verschmelzen“, schrieb Tawaststjerna. Der Komponist Kalevi Aho war derselben Meinung wie Tawaststjerna: „Ein interessantes Werk, das mehr Umarbeitung nötig gehabt hätte“.
Der Sibelius-Forscher Veijo Murtomäki war einer der Befürworter des Werkes Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar): „Einer der schönsten Momente in dem Werk in diesem Sinne ist das modal-diatonische Klangfeld, das nach der majestätischen Eröffnung anfängt und minutenlang dauert und das einen zum Beispiel an die dritte Symphonie von Goreck erinnert!“ schrieb Murtomäki.
Der majestätische Anfang ist ein prachtvolles Thema in C-Dur, das den Helden Björn schildert. Danach ist die lange, beinahe minimalistische Klangfeldepisode zu hören, die mit der Rückkehr des heldenhaften Themas endet. In der dritten Episode trifft die Waldnymphe Björn. Die lange Linie der Violoncelli bringt den sehr erotischen Ton in die Musik. In der letzten Episode ändert sich dieser Ton jedoch und wird traurig. Er beschreibt die hoffnungslose Sehnsucht des Helden.
Beim Hören des Werkes Die Waldnymphe (Skogsrået, Metsänhaltijatar) kann man die Sinnlichkeit der Orchestrierung und die Glut der Klangfarben des jungen Sibelius bewundern.