Aino Sibelius unterrichtet in den 1910er Jahren ihre Tochter Katarina in Ainola
Aino Sibelius wohnte von Herbst 1904 bis Ende der 1960er Jahre in Ainola, bis eine Krankheit sie schließlich zwang, die letzten Monate ihres Lebens in einem Krankenhaus zu verbringen.
Die ersten Jahre in Järvenpää waren für Aino schwierig. Sie schuf mit der Arbeit ihrer eigenen Hände aus dem steinigen Land mit reichlich Erlenbewuchs einen Garten. Die Arbeit lenkte sie von ihren Ehesorgen ab, die der zeitweilige Lebensstil des Ehegatten mit Trinken und Feiern verursachte. „Ich hackte und schaufelte und schaufelte und hackte. Zuweilen heulte ich und dann fing ich wieder an, zu hacken.“ Aino benötigte schließlich 1907 einen Erholungsurlaub im Sanatorium in Hyvinkää. „In den Anfangszeiten war die Mutter, angeblich wegen der finanziellen Situation, so bedrängt, dass ihr manchmal der Atem ausgegangen war“, erinnerte sich die Tochter Katarina Ilves später.
Auch die Verantwortung als Erzieherin bedrückte sie. Anfangs unterrichtete Aino ihre Töchter zu Hause selbst und sie waren später auch in der Schule erfolgreich. Während der Unterrichtsstunden „war die Mutter keine Mutter. Sie war Lehrerin und sie musste respektiert worden. Wir hatten auch sonst riesigen Respekt vor ihr“, erinnerte sich Katarina Ilves.
Im Jahr 1908 fingen „die glücklichsten Jahre“ von Aino an, als Jean Sibelius nach seiner Halsoperation beinahe sieben Jahre lang auf Alkohol verzichtete. Die Kinderschar nahm zu, Margareta wurde 1908 geboren und Heidi 1911, als Aino schon vierzig Jahre alt war.
Ainola war jedoch als Wohnplatz noch keine Selbstverständlichkeit. Die Familie plante 1912 wegzuziehen, weil Aino mit der Nachbarin Saimi Järnefelt in Streit geraten war. Ainola blieb dennoch der Schutzort der Familie. Einzig wegen der Bürgerkriegsereignisse im Frühling 1918 musste die Familie Ainola verlassen und für ein paar Monate nach Helsinki umziehen. Der Gemüsegarten von Aino Sibelius erwies sich in der Notzeit nach dem ersten Weltkrieg und nach den Verwüstungen des Bürgerkriegs als große Hilfe bei der Ernährung der Familie.
Als auch das letzte Kind in den 1930er Jahren von zu Hause weggezogen war, bekam Aino Sibelius Sehnsucht nach ihren Töchtern und nach Konzerten und Theateraufführungen in Helsinki. Im Sommer 1939 wurde eine Stadtwohnung in Kammionkatu (heute Sibeliuksenkatu) gemietet, aber schon im Oktober flüchtete man vor dem Krieg zurück nach Ainola. Von Herbst 1940 bis Sommer 1941 wohnte die Familie in Kammionkatu, aber im Sommer 1941 waren die Verhältnisse zwischen Finnland und der Sowjetunion wieder so angespannt, dass es klug schien, die Kinder wegen der Gefahr von Bombenangriffen auf Helsinki wegzubringen. Aino und Jean Sibelius zogen mit ihren vielen Enkelkindern wieder nach Ainola. Am 22. Juni 1941 fing der Krieg wieder an. Danach wurde über einen Umzug von Ainola nach Helsinki nicht mehr nachgedacht.
In Ainola widmete sich die Herrin des Hauses in den letzten Jahrzehnten gewöhnlich ihrem Gatten, ihrer Familie und ihrem Garten. „Das ganze Leben meiner Frau wurde vom Pflichtbewusstsein beherrscht“, äußerte Jean Sibelius in den 1940er Jahren gegenüber seinem Sekretär.
An Romantik hat es dem Leben des Ehepaares nicht gefehlt: Katarina Ilves erinnerte sich später, wie ihre Eltern sich dem Tanz hingeben konnten, sogar ohne Musik. Und am 10. August 1956 „bat“ der 90-jährige Jean Sibelius zum zweiten Mal „um die Hand“ seiner Gattin. Er tat es am Morgen des 85. Geburtstags von Aino mit einem großen Rosenstrauß im Obergeschoss Ainolas, obwohl es ihm große Schwierigkeiten bereitete, die steilen Treppen hochzusteigen.
Nach dem Tod von Jean Sibelius wohnte Aino Sibelius weiterhin in Ainola. Sie ordnete die Papiere des Geschlechts und half zum Beispiel Santeri Levas und Erik Tawaststjerna bei ihren Sibelius-Biographien. Aino Sibelius war beinahe 98 Jahre alt, als sie am 8. Juni 1969 starb.