Die Sologesänge bilden sowohl den Anfangspunkt als auch den Schlusspunkt für Sibelius’ umfangreiche Karriere. Sein erstes veröffentlichtes Werk war Serenade (Serenadi) (1888) zu einem Gedicht von Johan Ludvig Runeberg. Auch die erste größere Veröffentlichung setzte sich aus Liedern zusammen: 1892 veröffentlichte der Verlag Otava Sieben Lieder von J. L. Runeberg mit Klavier (7 sånger af Runeberg i musik satta af Jean Sibelius), später als Opus 13 bekannt gewordene Lieder. Seit den Anfangsjahren seiner Komponistenkarriere komponierte Sibelius bis 1918 relativ regelmäßig Sologesänge. Nachdem die letzten Gesangopera 88 und 90 vollendet worden waren, entstanden nur noch ein paar neue Lieder. 1957, nur einige Monate vor seinem Tod, kehrte Sibelius dennoch noch einmal zu seinen Liedern zurück und arrangierte das Lied Komm herbei, Tod! (Saavuthan, yö!) für Orchester (op. 60 Nr. 1) mit Hilfe seines Schwiegersohnes, des Dirigenten Jussi Jalas.
Als Folge der langen Karriere ist auch die Produktion der Lieder sehr umfassend: insgesamt 109 Lieder (oder 111, wenn auch die verschollenen Lieder des op. 72 mitgezählt werden.) Die meisten Lieder sind in den acht Liederopera enthalten. Die Lieder begannen von ihren Uraufführungen an erfolgreich zu werden – sowohl bei den Künstlern und Kritikern als auch beim Publikum. Die Sprache behinderte jedoch den internationalen Erfolg. Die meisten Lieder sind auf Schwedisch und so haben sie in den nordischen Ländern und vor allem in der Heimat eine gute Stellung in den Repertoires der Sänger errungen.
Die Produktion der Sologesänge von Sibelius setzt sich eher aus separaten Werken als aus breitförmigen Suiten zusammen – bis auf op. 88, das Sibelius selbst eine Liedersuite nannte. Die Produktion kann in zwei Perioden eingeteilt werden und zwar je nachdem, ob die Lieder separat oder als Teil einer Sammlung (und im Fall des op. 88 als Teil einer Liedersuite) entstanden waren. Bis auf Opus 13 entstanden die frühen Lieder nämlich immer als separate Werke und sie wurden auch meistens separat veröffentlicht. Nur ein paar Mal geschah es, dass zwei oder drei Lieder zusammen veröffentlicht wurden. Vom Opus 50 (1906) an begann Sibelius jedoch, alle Lieder einer Liedersammlung ohne Unterbrechung zu komponieren und diese wurden auch gleichzeitig veröffentlicht. Dasselbe gilt für die Opera 57, 61, 86, 88 und 90. Von den späten Liedersammlungen weicht nur op. 72 von dieser Regel ab.
In den Opera 13, 57 und 90 verstärkte Sibelius die Einheitlichkeit der Sammlungen dadurch, dass er für jede nur zu Texten eines Dichters komponierte (op. 13 und 90 zu Texten von Runeberg und op. 57 zu Texten von Ernst Josephson). In Opus 57 ist eine gewisse Liedersuitenartigkeit zu erkennen. Vor der Veröffentlichung der Sammlung änderte Sibelius nämlich die Reihenfolge einiger Lieder, was kaum nötig gewesen wäre, wenn er nicht zumindest irgendwie die Lieder für eine Gesamtheit gehalten hätte. Dazu kommt noch, dass das zweitletzte Stück Die Blume der Freundschaft (Vänskapens blomma, Perhonen) ohne Finalität endet und geradezu eine Schlussnummer als seine Fortsetzung verlangt. Op. 1 wiederum ist von seinem Thema her einheitlich: alle Werke sind nämlich Weihnachtslieder. Eine Suite kann dieses Opus dennoch nicht genannt werden.
Sibelius’ Produktion ist stilistisch uneinheitlich. Beinahe alle Sammlungen beinhalten Kompositionen von unterschiedlichen Stilen, die ihre Inspiration aus verschiedenen Quellen schöpfen: zum Beispiel hat ein Teil der Lieder Vorbilder in Schubertliedern, ein anderer Teil wiederum in den nordischen Romanzen. Ein Teil ist jedoch nur mit der eigenen charakteristischen Liederkunst von Sibelius zu vergleichen. Dieses Spektrum der Stile ist auch schon in dem frühen Opus 13 zu sehen und es setzt sich durch die ganze Produktion bis zum letzten Opus Nr.90 fort.
Die, vom musikalischen Stil her, einheitlichsten Opera sind die zur Jahrhundertwende entstandenen spätromantischen Opera 36–38 sowie die in der letzten Kompositionsperiode entstandenen Opera 86 und 88. Das letztere nannte Sibelius aus gutem Grund eine Liedersuite: sie ist die einheitlichste in seiner Liederproduktion, sowohl auf Grund der Thematik der Gedichte als auch wegen des Musikstils.
Die uneinheitlichsten Sammlungen sind die Opera 17 und 72. Sibelius setzte in beiden Werken Lieder zusammen, die er durch mehrere Jahre komponiert hatte (im Opus 17 liegen zwischen dem frühesten und spätesten Lied sogar 13 Jahre). Zusätzlich gibt es in beiden Sammlungen Lieder in mehreren Sprachen: im Opus 17 auf Schwedisch und Finnisch und im Opus 72 zusätzlich noch auf Deutsch.