Der Vater des Komponisten, Doktor Sibelius, spielte in seiner Freizeit Geige und Gitarre und sang auch gern. Kein Wunder, dass der Sohn sehr jung schon die Elemente des Klavierspielens erlernte und fast gleichzeitig auch auf der Geige die Töne zu finden begann. Schon sehr früh fing Janne an, sich auch für die Musikleidenschaft und die Instrumentensammlung seines Onkels Pehr in Turku zu interessieren. Die Instrumentensammlung bestand aus mehreren Geigen. Sein Interesse für die Geige dauerte seine ganze Kindheit an.
Jedoch erst im September 1881, als er schon beinahe 16 Jahre alt war, wurde er Schüler bei dem vornehmsten Geigenlehrer in Hämeenlinna, Gustaf Levander. Er machte schnell Fortschritte, obwohl ihm sein rechter Oberarm, nach einem Unfall vor ein paar Jahren, noch weh tat. Als Folge des Bruchs am Ellbogen würde er nie einen vollen Bogenstrich machen.
Fast unmittelbar nach dem Beginn der Geigenstunden wurde Janne in das neugegründete Schülerorchester aufgenommen. Er begann auch, in einem Trio zu spielen, in welchem sein Bruder Christian Violoncello und seine Schwester Linda Klavier spielten. Manchmal wurde er auch von seinen Geschwistern vierhändig auf dem Klavier begleitet.
Kammermusik wurde zu einem wichtigen Teil in Jannes Leben. Er spielte mit Anna Tigerstedt, der Tochter des Gemeindearztes Theodor Tigerstedt. Im Herbst 1882 schloss sich Sibelius einem Streichquartett an, in dem die 1. Violine von Anna Tigerstedt, die Viola von Levander und das Violoncello vom Apotheker Elfsberg gespielt wurden. Das Repertoire bestand zum Beispiel aus Haydns Quartetten. In den Jahren 1882-1885 war das Geigenspielen Sibelius’ liebster Zeitvertreib und er komponierte auch eine Anzahl Kammermusikwerke für seinen engsten Kreis.
Im Jahre 1885 machte Sibelius sein Abitur und wurde an das Musikinstitut in Helsinki aufgenommen. Sein Geigenlehrer wurde Mitrojan Wasiljeff und dieser verlangte, dass Sibelius täglich vier Stunden üben sollte. Das schaffte er nicht! Der Lehrer hielt seinen Schüler aber trotzdem für ein „Musikgenie”. Schon im ersten Herbst musste Janne die kleinen Konzerte von Viotti und Rode erlernen.
Sibelius avancierte, als Hermann Csillagi im Herbst 1887 sein Lehrer wurde, zum zweiten Violonisten des Streichquartetts des Instituts. Durch seine Studienjahre spielte er aktiv auch im Akademischen Orchester unter der Leitung des Übungsmeisters der Universität, Richard Faltin.
Als Solist in den Schülerkonzerten erhielt er anfangs gute Kritik in der Lokalpresse, aber allmählich wurde allen klar, dass Sibelius als Komponist mehr versprach als als Geiger.
1887 gründete Sibelius mit seinen Freunden ein eigenes Streichquartett. Außer dem Komponisten und seinem Bruder Christian spielten Richard Faltin jr. und Ernst Lindelöf mit. Innerhalb einiger Jahre gelang es den Jungen, den größten Teil von Haydns Quartetten und die ersten sechs Quartette von Mozart und Beethoven durchzugehen.
Zu den Kameraden der Studienjahre gehörte auch Sibelius’ Kompositionslehrer Martin Wegelius, der seinen Schüler gern auch in der Freizeit auf dem Klavier begleitete. Für die Zukunft Sibelius’ war Armas Järnefelt ein wichtiger Gefährte. Er begleitete Sibelius bei sich zu Hause gerade dann, als die Tochter der Familie, Aino, das Zimmer betrat.
Während seiner Studien in Berlin und Wien konzentrierte sich Sibelius auf die Kompositionsstudien, spielte aber immerhin auch mit seinen Freunden an den Kammermusikabenden. In Wien durfte er im Schülerorchester spielen und wegen seiner Geldnot spielte er sogar bei den Wiener Philharmonikern vor. Die Jury hielt ihn allerdings für viel zu nervös und nahm ihn nicht ins Orchester auf.
Nachdem er nach Finnland zurückgekehrt war, trat er am 21. August 1891 mit dem Pianisten Karl Ekman in Tammisaari als Violinist auf und spielte sein Impromptu und die Romanze von Svendsen. Im Herbst 1891 gab er Privatschülern Geigenunterricht und spielte auch Kammermusik. Er spielte auch in Helsinki im Orchester, als die alten Streithammel Robert Kajanus und Martin Wegelius ihre Kräfte im Zeichen eines Festkonzerts vereint hatten.
Im Herbst 1892 wurde Sibelius als Lehrer an Wegelius’ Musikinstitut und Kajanus’ Orchesterschule angestellt. Seine Fächer waren Theorie und Geigenspiel und er unterrichtete bis zu 30 Stunden in der Woche. Neben dem Unterricht spielte Sibelius von Herbst 1892 bis Frühjahr 1893 noch im Quartett des Musikinstituts die zweite Violine.
Er gab den Geigenunterricht recht schnell auf, trat ab und zu auf Kajanus’ Wunsch in dessen Orchester auf.
Das Geigenspielen war Sibelius sowohl als Komponisten als auch als Dirigenten von großem Nutzen. Als die Violaspieler dem jungen Dirigenten bei den Heidelberger Musikfestspielen 1901 Verdruss machen wollten, nahm Sibelius die Viola und zeigte selbst, wie die Stelle gespielt werden sollte. Die Verhaltensweise des Orchesters änderte sich sofort.
Sibelius hatte von einer Karriere als Violinvirtuose geträumt und im Jahre 1904 drückte er seine Frustration in einem Violinkonzert aus, dessen Originalversion eine der schwersten in der Violinliteratur ist. Aino Sibelius beschrieb das Spielen ihres Mannes während der Kompositionsarbeiten: „Er hat so eine Vielfalt von angreifenden Themen, dass er buchstäblich verwirrt ist. Nächtelang bleibt er wach, spielt so wunderschön, kann sich nicht von den faszinierenden Tönen losreißen – er hat so viele Ideen, dass man es nicht glauben würde. Und alle Themen sind so entwicklungsfähig, so voll von Leben.”
Die Uraufführung war nicht gerade ein Erfolg, und der Komponist arbeitete das Werk im Jahre 1905 um, so dass es ein wenig leichter und ausgewogener wurde.
Nach dem Umzug nach Ainola spielte Sibelius zunächst zu Hause. „Manchmal, eigentlich ziemlich oft, spielen wir zusammen Violinsonaten von Mozart und Beethoven. Es ist so schön”, erzählte Aino Sibelius zu jener Zeit, als Pohjolas Tochter komponiert wurde.
Von Sibelius’ Töchtern lernten Eva, Ruth, Katarina und Heidi Klavier spielen. Nur Margareta spielte wie ihr Vater Geige und Viola. Dem Komponisten standen zwei Violinen zur Verfügung, von denen die bessere später bei Margaretas Tochter Satu ihr Zuhause fand.
Das Zittern der Hände machte dem Geigenspiel ein Ende. In den 1930er Jahren wurde es noch schlimmer und erschwerte auch das Schreiben. „Früher spielte ich Geige”, erklärte er einem Besucher. „Ich spiele nicht mehr, aber meine Finger wissen es noch nicht. Sie spielen weiter. Ein Tremolo, sie wissen, unaufhörlich.”
Die Violine blieb trotzdem bis in seine allerletzten Jahre ein organischer Teil von Sibelius Musikerleben.
„Wenn er im seinem Lehnstuhl in der Bibliothek von Ainola saß, befingerte er sehr oft mit seiner linken Hand einen imaginären Violinenhals, seinen rechten Arm”, schrieb Jussi Jalas, der Schwiegersohn des Komponisten in seinen Memoiren. „Die Hand glitt zu Positionswechseln, die Finger gruppierten sich, um Klänge zu bilden und suchten Fingersätze für Tongänge, die in seinen Sinnen wie Töne der Violine klangen.”