In seiner Symphonie Nr. 3, (op. 52) ließ Sibelius die Spätromantik hinter sich und rückte der neoklassischen Tonsprache und dem neoklassischen Ausdruck näher. Gegen Ende der ersten zehn Jahre des 20. Jahrhunderts begannen jedoch in seinem Stil immer mehr moderne und expressionistische Töne zu erscheinen. Diese Tendenz erreichte ihren Höhepunkt in dem Streichquartett Voces intimæ (op. 56) und in der Symphonie Nr. 4 (op. 63), aber schon vor diesen Werken reflektierten die 1908 komponierten Lieder Jubal und Teodora (op. 35 Nr. 1 und 2) dieselbe Entwicklungsrichtung. Das auf dem Gedicht von Ernst Josephson basierende Lied Jubal wird oft als rhapsodisch bezeichnet, vermutlich wegen des scheinbar freien, rezitativartigen Wechsels der Soloanteile und Giusto-Perioden der Singstimme. Das Lied ist dennoch strukturell sehr übersichtlich, was man von dem leidenschaftlichen und exotischen Lied Teodora (Nr. 2) nicht sagen kann. Teodora unterscheidet sich auch von den restlichen Liedern von Sibelius in Bezug auf seinen musikalischen Stil sowie in Bezug auf seine Thematik. Das exotische, dekadente Gedicht von Bertel Gripenberg inspirierte Sibelius außergewöhnlich stark zu einem sensuellen, erotischen Ausdruck. Das kommt sowohl im Gesang, der stellenweise dem reinen Sprechgesang sehr nahe kommt (vier Jahre vor Pierrot lunairea von Schönberg) als auch in den entrollenden dissonierenden Arpeggien des Klaviers zum Ausdruck. Teodora ist einer der modernsten Sologesänge von Sibelius.
April und März 1909 verbrachte Sibelius in Berlin, wo er sein Streichquartett Voces intimæ vollendete. Nach Vollendung des Streichquartetts setzte er seine Arbeit gemäß dem mit dem Verlag Lienau vereinbarten Vertrag fort und komponierte die Liedersammlung, Opus 57, zu Gedichten von Ernst Josephson. Die Texte der acht Lieder in der Sammlung unterscheiden sich voneinander sehr stark, was auch für die Musik von Sibelius gilt. Die Sammlung beginnt und endet mit unerwarteten expressionistischen Liedern Die Muschel (Älven och snigeln) (Nr. 1) und Der Neck (Näcken, Ahti) (Nr. 8). Das volksliedartige Ein Blümlein stand am Wege (En blomma stod vid vägen, Ol’ metsätiellä kukka) und das in zwei sehr unterschiedliche Teile (con moto und tranquillo) gegliederte Lied Das Mühlrad (Kvarnhjulet) (Nr. 3) spiegeln eine tragische, introvertierte Stimmung wider, die ihren Höhepunkt im fünften Lied Der kahle Baum (Jag är ett träd, Lehdetön puu) (Nr. 5) erreicht. Davor kommt jedoch das sonnige Lied Mai (Maj) (Nr. 4), das der deutschen Lied-Tradition nachkommt. Im Lied Herzog Magnus (Hertig Magnus, Kreivi Magnus) (Nr. 6) kehrt Sibelius zum Kampf zwischen dem Wassergeist und dem Menschen zurück. Dieses Motiv ist schon von dem Lied Unter Ufertannen (Under strandens granar) und von Des Fährmanns Bräute (Koskenlaskijan morsiamet) bekannt. Das Gedicht Die Blume der Freundschaft (Vänskapens blomma, Perhonen) (Nr. 7) inspirierte Sibelius zu zwei Fassungen, die sich sehr voneinander unterscheiden: Der Stil der vom Komponisten verworfenen, etwas monotonen Fassung ist spätromantisch, während die in die Sammlung aufgenommene Fassung eher neoklassisch und stramm ist.
Nachdem Sibelius Opus 57 in Berlin vollendet hatte, schrieb er in sein Tagebuch: „Jetzt muss ich nach Hause. Ich kann hier nicht mehr arbeiten. Eine Änderung des Stils?“ Schon das im Herbst 1909 komponierte Lied Hymn to Thaïs, the Unforgettable (Hymni Thaisille) (Text von Arthur Borgström) ist ein Beweis dafür, dass die Änderung des Stils schon in die Wege geleitet war. Die Introvertiertheit und der Trübsinn, die für den Opus 57 charakteristisch waren, sind weg; der Modalismus kommt in diesem Lied in einem impressionistischen Ton vor. Das Lied kehrte gegen Ende der 1940er Jahre aus der Vergessenheit zurück, als Sibelius es dem Sopran Aulikki Rautavaara widmete.
Sibelius komponierte seine nächste Liedersammlung op. 61 im Juni–Juli 1910, ein Jahr nach dem vorigen Opus. Auch diese acht Lieder sind experimentell, wie die Lieder zu Texten von Josephson im vorigen Opus, aber statt der Tendenzen zum Expressionismus, sind diese Lieder mit der Klanglandschaft der Spätromantik und stellenweise auch des Impressionismus verknüpft. Auch diese Sammlung ist wieder sehr heterogen. Sie beginnt mit dem Lied Sacht wie vom Abendrot (Långsamt som kvällskyn) (Nr. 1, Text von K. A. Tavaststjerna). Erik Tawaststjerna stellte fest, dass „der Komponist in dieses Werk das Pathetische von Rachmaninow übernommen hat und es dann mit kargeren nordischen Farben gemalt hat“. Im Klavieranteil des impressionistischen Wellenflüstern (Vattenplask) (Nr. 2, Text von Rydberg) bildet Sibelius mit kleinen Gesten das Plätschern der Wellen nach. Wenn ich träume (När jag drömmer) (Nr. 3, Text von Tavaststjerna) wiederum endet mit einem Klaviertremolo, das den Sprosser nachahmt. Das Lied Romeo (Nr. 4, Text von Tavaststjerna), dass sanft die Balkonszene von Romeo und Julia parodiert, basiert auf der diskreten Modifikation einer melodischen Phrase. Auf ungefähr gleiche Weise baute Sibelius später das Lied Ihre Botschaft (Hennes budskap) auf. In dem Lied Romanze (Romans) (Nr. 5, Text von Tavaststjerna) benutzte Sibelius die phrygische, melodisch-harmonische Idee von der Hymne Hymn to Thaïs (Hymni Thaisille). Vermutlich wegen dieser Leihgabe widmete Sibelius das Lied Artur Borgström. Der Widerspruch zwischen dem beschwingten Hauptthema und den Tristan-Tönen (Wagner) im Zwischenteil des Dolce far niente (Nr. 6) scheint von der Thematik des süßen Müßigseins zu erzählen, das mit Beklemmung verbunden ist. Den Klavieranteil des bekanntesten Liedes der Sammlung, Eitle Wünsche (Fåfäng önskan) (Nr. 7, Text von Runeberg) beherrschen die chopinartigen sprudelnden Arpeggien. Die Sammlung endet mit einem der unzähligen Lieder von Sibelius, die den Frühling zum Thema haben, Frühlingszauber (Vårtagen) (Nr. 8, Text von Bertel Gripenberg). Trotz der expressionistischen Extreme des Textes ist der Charakter des Liedes angenehm und fröhlich, wie Robert Keane bemerkt hat.
Nachdem Sibelius das Opus 61 vollendet hatte, schuf er ein paar Jahre lang keine Sologesänge. Die Lieder für das nächste Liederopus 72 entstanden schrittweise erst im Laufe der Jahre 1914–1915, ausgenommen das Lied Hundert Wege (Hundert vägar, Sata tietä) zu einem Text von Runeberg, das allem Anschein nach 1907 komponiert wurde. Dieses ist neben dem Opus 17 das heterogenste von Sibelius’ Liedersammlungen: die Lieder sind zu unterschiedlichen Zeiten entstanden und dazu kommt noch, dass die Texte sogar in drei verschiedenen Sprachen, auf Schwedisch, Deutsch und Finnisch, geschrieben sind. Die Lieder sind auch stilistisch unterschiedlich: Der Wanderer und der Bach (Vaeltaja ja puro) (Nr. 5, Text von Martin Greif) erinnert an Wanderlieder von Schubert und das Lied Hundert Wege (Sata tietä) (nro 6) erinnert stilistisch an die frühen Lieder von Sibelius. Das leidenschaftliche und eindruckvolle Lied Der Kuss (Kyssen) (Nr. 3, Text von Viktor Rydberg) wiederum kehrt in die Landschaft der Lieder um die Jahrhundertswende zurück. Nur das Lied Die Echonymphe (Kaiutar) (Nr. 4, Text von Kaarlo Kyösti) repräsentiert den zeitgerechten Sibelius. Die Echonymphe (Kaiutar) des Schulkameraden Karl Gustav (später Kaarlo Kyösti) alias Larin-Kyösti von Sibelius erzählt die Entstehung des Echos in Kalevala-artigen Runenversen. Der Gesang von Sibelius ähnelt aber nicht seinen Kalevala-romantischen Werken, sondern stilistisch ist er eher impressionistisch. Die zwei ersten Lieder des Opus, Auf Wiedersehen (Vi ses igen) (Nr. 1, Text von Viktor Rydberg) und Orions Gürtel (Orions bälte) (Nr. 2, Text von Zacharias Topelius) gingen 1914 kurz vor dem ersten Weltkrieg verloren, als der deutsche Verleger Breitkopf & Härtel die Originalmanuskripte der Lieder nach England schickte, um sie übersetzen zu lassen.